Pallottiner

P. Adrian Willi

«Verba docent – exampla trahunt» – Worte belehren, Beispiele reissen mit! Dieses Sprichwort steht nicht nur am Anfang meiner Berufungsgeschichte. Es hat mich bis zum heutigen Tag geleitet. Wenn ich heute auf meinen Weg zurückblicke, kann ich es nur dankbar gegenüber jenen Mitmenschen tun, die mich in guten und schlechten Zeiten mit ihrem gelebten Beispiel weitergebracht haben.

Am Anfang meiner Berufung stehen meine Eltern, meine Familie, mein Dorf, meine Kirche: Konkret gelebter Glaube. Heimat und Kirche. Am Anfang stehen Wohlwollen, Vertrauen, Verständnis, Förderung und Begleitung. In meiner religiösen Entwicklung habe ich eigentlich nie Zwang erlebt, schon aber Inpflichtnahme und Verbindlichkeit. Damals wusste ich das nicht, aber heute weiss ich es: Die Entscheidung für Gott muss man selber treffen, die Weichen dazu stellen andere.

Den Wunsch, Priester zu werden, verspürte ich schon früh. Ebenso früh erschien es mir jedoch ein unerreichbares Ziel. Kirchliche Sozialisierung erfuhr ich auch als Ministrant oder in der Jungwacht, übernahm später auch Führungsaufgaben und empfand dabei Zufriedenheit und Glück.

Als es um die Berufswahl ging, wusste weder ich noch meine Umwelt, in welche Richtung es gehen soll. Also schubste man mich in eine kaufmännische Lehre. Ich war nicht unzufrieden, aber es wurde mir klar, dass dies nicht meine Zukunft sein könne. Als ich als Achtzehnjähriger meinen Eltern offenbarte, ich wolle die Matura nachholen und Priester werden, waren sie nicht erstaunt. Sie verlangten nur, dass ich die Lehre zunächst abschliessen solle, dann wollten sie mich auf dem weiteren Weg unterstützen.

Das Gymnasium St. Klemens in Ebikon war damals noch zum Teil ein «Spätberufenengymnasium». Die Pallottinerpatres beeindruckten mich durch das Zusammenspiel von Bildung und Religion. Als ich dann in Gossau SG ins Lyzeum übertrat, stellte sich mir die Frage, ob meine Zukunft in der Diözese oder in einer Gemeinschaft liege. Ich spürte eigentlich im Innern, wohin es mich zieht, aber ich wollte doch die Seminare in Luzern und Chur, aber auch einige Gemeinschaften, kennenlernen. Dieses «Schnuppern» führte dann zur Entscheidung, bei den Pallottinern ins Noviziat einzutreten. Warum? Ich erkannte die Möglichkeit, in einer apostolischen Gemeinschaft meine Eignung und meine Neigung auf ganz verschiedenen Gebieten entwickeln zu können, im Schriftstellerischen, im Pädagogischen, in der Kategorialseelsorge usw. Diese offene Option war für mich ausschlaggebend.

Im Studium zog es mich zur Literatur und zur Geschichte hin. Ich hoffte, in diese Richtung mich ausbilden lassen zu können, um später als Lehrer tätig zu sein. Die Entscheidungskriterien der damaligen Obern richteten sich aber eher nach konkreten Bedürfnissen und nicht auf Nachhaltigkeit. Dass ich in der mir zugewiesenen Aufgaben grösstenteils Erfolg und Genugtuung empfand konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses ins kalte Wasser geworfen werden nicht ohne Gefahr gewesen war. Getröstet hat mich, dass es immer Mitbrüder gegeben hat, die mich verstanden haben.

Es mag erstaunen, dass ich noch nichts über das Charisma unseres Ordensgründers Vinzenz Pallotti berichtet habe, dem sich unsere Gemeinschaft verpflichtet fühlt. Tatsächlich ist dies eine Entdeckung, die nicht am Anfang meines Pallottinerlebens steht, sondern sich erst aus der apostolischen Tätigkeit heraus entwickelte. Das Leben ist eben auch eine Schule. Das Beispiel dieses Heiligen ist heute für mich die grösste Bestätigung, dass meine Entscheidung richtig war. Der Geist Pallottis war durch die Mitbrüder in unserer Gemeinschaft eigentlich immer präsent: Weltzugewandt, geerdet, lösungsorientiert, situativ, synodal, christozentrisch, pfingstlich und marianisch. Dieses Erbe war genau das, was ich suchte, was mir entspricht und was mir Halt gibt. Soviel Freiheit wie möglich, soviel Regeln wie nötig. Die persönliche Freiheit, die in diesem Programm liegt, hat mir sicher geholfen, bis heute alle Herausforderungen anzunehmen, hat mich sicher bewahrt, an Herausforderungen zu zerbrechen. «Learning by doing!» Gott hat mich bewahrt davor, schon am Anfang ein fertiges Programm haben zu wollen, sondern gab mir peu à peu jene Module, die für eine Weiterentwicklung wichtig waren. Berufung ist Entwicklung.