Benediktinerstift Kremsmünster (A)

fr. Anselm Demattio OSB

Von meiner Berufungsgeschichte zu erzählen, ist gar nicht so einfach. Handelt sie doch von einem ganz persönlichen Weg mit Gott, der in dieser Geschichte die Hauptrolle spielt. Sie ist daher wie andere Beziehungen auch nicht rein rational erklärbar, sondern bleibt eine Sache des Glaubens. Trotzdem möchte ich mit euch ein paar meiner Erfahrungen teilen, die ich am Wegrand erleben durfte und die mich schließlich ins Kloster geführt haben – und bleiben ließen.

Von einem Bekehrungserlebnis kann ich nicht berichten, ebenso wenig von einer spontanen Entscheidung. Nein, das Ganze ist eher ein unspektakulärer, längerer Weg. Langsam ist da etwas gereift und gewachsen, ein Interesse, eine Sehnsucht, das Gefühl, mich vom Herrn eingeladen zu wissen, ihm zu folgen.

Mönche kenne ich schon lange…

Benediktinermönche in ihren schwarzen Kutten habe ich von klein auf erlebt, bin ich doch direkt neben einem Kloster aufgewachsen. Die Messe am Sonntag gehört(e) in meiner Familie fest dazu, ebenso wie ein Gebet vor dem Essen oder vor dem Zubettgehen. Sehr gerne habe ich im Gottesdienst ministiert, auch noch lange als Jugendlicher und Student; von der Liturgie, von Kirchenräumen und der langen Geschichte der alten Klöster und ihrer Kultur war ich fasziniert. Da tauchte der Gedanke, selbst Mönch zu werden, schon hin und wieder auf.

All das führte dazu, dass ich nach dem Abitur (Matura) meinen Zivildient in einem Kloster machen wollte. Meine Wahl fiel auf Münsterschwarzach, in der Nähe von Würzburg. Dort lernte ich zum ersten Mal eine klösterliche Gemeinschaft wirklich von innen kennen, denn dort hatte ich Gelegenheit, mit den Mönchen zu beten, mit ihnen im Refektorium zu essen und auch an der Rekreation, einer Art von gemütlichem Beisammensein, teilzunehmen. Hatte ich bei meiner Ankunft noch ganz andere Dinge im Kopf, spürte ich in diesen Monaten, wie mich die Lebensform beeindruckte und ansprach: Gott in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen, allein und gemeinsam. Immer wieder kam der Gedanke auf, ob das nicht für mich etwas wäre. Gleichzeitig hatte ich mir aber auch vorgenommen, erst einmal zu studieren.

An die Uni zum Studium

Warum ich das damals so genau wusste, wundert mich heute, aber am Ende der Schulzeit stand für mich fest, dass ich Physik und Theologie studieren wollte, um nicht nur Kultur und Glaube, sondern auch die Natur besser zu verstehen. Zunächst begann ich in München mit der Naturwissenschaft, merkte aber bald, dass mir etwas Wichtiges fehlte. Deshalb schrieb ich mich wenig später auch für Theologie ein. Mit diesem Ausgleich machte mir das Studium wieder mehr Freude und in den Ferien fuhr ich regelmäßig für einige Tage ins Kloster, wo ich Zivildienst gemacht hatte. Nach dem Bachelor in Physik, wollte ich den Master in einer anderen Stadt machen und entschied mich für Wien, wo ich in der „Schotten-WG“ im Schottenstift ein super Zuhause finden durfte. Überhaupt war ich sehr gerne in dieser Stadt.

Eines Abends kam ein Mitbewohner zu mir und brachte eine Einladung zu Exerzitien in Kremsmünster mit. Die seien bestimmt gut, leider könne er da nicht, aber vielleicht hätte ich da Interesse. Ja, dachte ich mir, eigentlich habe ich so etwas noch nie gemacht und in Kremsmünster war ich auch noch nie; also ich fahr hin. Vorher stand ein Treffen mit P. Bernhard als dem Leiter dieser Tage an, auf Anhieb haben wir uns gut verstanden. Diese Zeit wurde für mich sehr wichtig, denn ich spürte dort erneut die Anfrage, ob ich nicht doch ein geistliches Leben wählen sollte. Und außerdem fühlte ich mich bei diesem ersten Besuch in meinem jetzigen Kloster gleich wohl. Der Weg bis zum Eintritt vier Jahre später war allerdings noch lang. Doch ein Anfang war gemacht. Immer wieder bin ich für ein paar Tage hingefahren. Während die Verbindung zu Münsterschwarzach lose geworden war, hielt dieser Kontakt auch die beiden ERASMUS-Semester, die ich nach dem Abschluss mit dem Physik-Master 2015 in Belgien verbrachte. Fast ganz ohne benediktinischen Anschluss erlebte ich die Kirche dort neu, Anbetung, eine internationale Studentengemeinde, eine junge franziskanisch-monastische Gemeinschaft, mit der wir von unserem Wohnheim eng verbunden waren. Viele reiche Erfahrungen, doch Kremsmünster blieb im Hinterkopf.

Diplom in der Tasche – und dann…?

Irgendwann geht auch die schönste und längste Studienzeit vorüber und der Tag der Abschlussprüfung oder der Verteidigung der Diplomarbeit naht. Bei mir war das für Theologie zu Anfang des Jahres 2017 der Fall. Ein sehr schönes Gefühl, wenn alles gut geschafft ist, aber nach dem Fest kommt die Frage: Und wie soll es jetzt weiter gehen? Ich wusste, nun müsste ich bewusst eine Entscheidung treffen, denn ein Doktorat machen ohne Plan wozu oder irgendeinen Job annehmen, das wollte ich nicht. Ein Freund empfahl mir, einen fixen Zeitpunkt wie Weihnachten oder Ostern als persönliche Frist zu setzen, bis dahin noch einmal alles gut abzuwägen und dann Gott anzuvertrauen. Erst klappte das nicht, denn bis Ostern gewann ich keine Sicherheit. Na gut, dachte ich mir, kein Problem, wozu feiern wir Ostern 50 Tage lang bis Pfingsten?

Der Gedanke ließ mich nicht los, sollte ich es nicht doch wagen, da müsste ich jetzt den Sprung machen. Ich war doch immer gerne in Kremsmünster zu Besuch, warum dort nicht einfach bleiben? In der Gemeinschaft fühlte ich mich wohl, hatte das Gefühl, dass sich hier etwas tut, gibt es doch junge Mitbrüder und viele junge Leute im Kreis von Treffpunkt Benedikt. Und ich dachte, dass ich mich hier würde entfalten können, egal ob in der Seelsorge, Schule, Wissenschaft oder in den anderen Aufgaben des Stiftes. Die Osterzeit neigte sich ihrem Ende zu und Pfingsten stand vor der Tür. Zu diesem Tag war ich zu einer Priesterweihe und Primiz eines Freundes eingeladen, eben von dem, der mir einige Jahre vorher die Einladung zu den Exerzitien weitergegeben hatte. Im Gottesdienst spürte ich dann auf einmal, doch, diesen Weg möchte ich auch versuchen. Der Groschen war gefallen. Es hat dann zwar noch einiges an Überwindung gekostet, aber der Entschluss stand fest.

Eintritt – ein neuer Anfang

Im Herbst 2017 habe ich schließlich meinen Koffer gepackt und bin von zu Hause aufgebrochen, um ins Kloster einzutreten. Und dann ging es erst richtig los, Postulat, ein Jahr Noviziat und dann am ersten Advent 2018 die zeitliche Profess. Seitdem habe ich sehr viel kennen lernen dürfen, habe in den verschiedensten Arbeitsbereichen von Weinkellerei, über die Kunstsammlungen, Treffpunkt Benedikt bis zum Web-Auftritt und einigem mehr mitgearbeitet, konnte wachsen, menschlich und im Glauben, durfte vielen Menschen begegnen, besonders seit ich in Rom an der internationalen Hochschule der Benediktiner Sant‘Anselmo studiere.

All das macht mich sehr dankbar und ich spüre, dass da noch jemand anders die Finger im Spiel hatte, dass da mich jemand begleitet (hat). War es zwar bisher nicht immer ganz einfach, habe ich nie eine größere Krise erlebt, sondern fühle mich am richtigen Platz. Apropos Platz, ja auch der Ort, seine Geschichte und Umgebung spielen für uns Benediktiner eine wichtige Rolle. Und der gefällt mir hier bei uns sehr gut. So gehe ich nun den Weg der Gottsuche weiter und versuche, darin mit den Mitbrüdern jeden Tag einen neuen Anfang zu machen, um dem Herrn je mehr Antwort auf sein Geschenk der Liebe geben zu können.