von P. Thomas Hollweck SJ

Jesuiten – Societas Jesu

Die Verletzung durch eine Kanonenkugel hätte Íñigo de Loyola 1521 fast das Leben gekostet. Er ist 30 und es dauert Wochen, bis er wieder laufen kann. In der Zeit der Heilung beginnt er, die „geistliche Unterscheidung“ zu entdecken; er lernt, seinen inneren Bewegungen in großer Freiheit zu trauen und gleichzeitig klar in der kirchlichen Gemeinschaft zu leben. Sein früher um sich selbst und seine „Ehre“ besorgter Blick weitet sich zu einem wachsenden Gespür für Gottes Gegenwart in der Realität der Welt. Er will „Gott in allem suchen und finden“ und den Menschen dienen.

Während des Studiums in Paris, wo er sich erstmals Ignatius nennt, verbindet er sich mit einigen „Freunden im Herrn“ in einem gemeinsamen Lebensprojekt. Unter ihnen sind Peter Faber und Franz Xaver. Als 1540 der Orden gegründet wird, ist ihnen sein Name wichtig, weil er ihr Selbstverständnis und ihre Motivation ausdrückt: Societas Jesu – Gesellschaft Jesu. Aufgrund ihrer Einheit in Jesus Christus können sie weltweit in die verschiedensten Situationen und Herausforderungen gehen, ohne die Verbindung miteinander zu verlieren. Jesuitisches Engagement hat immer schon eine große Bandbreite: in der Gegenreformation und katholischen Reform, in Schulen und Universitäten, in der Mission, Seelsorge, Exerzitienbegleitung, im Einsatz für Arme und Benachteiligte, für Glaube und Gerechtigkeit.

2019 hat der Jesuitenorden mit seinen über 14.000 Mitgliedern vier handlungsleitende, miteinander in Wechselwirkung stehende apostolische Präferenzen für das nächste Jahrzehnt gewählt: (1.) Die geistliche Unterscheidung neu zu leben und andere Menschen darin zu unterstützen, wobei es dazu wesentlich ist (2.) gemeinsam mit den Armen und den in ihrer Würde Verletzten auf dem Weg zu sein, (3.) die jungen Menschen in ihrer Lebenssituation zu hören und sie bei der Gestaltung einer hoffnungsvollen Zukunft zu begleiten und (4.) die Verantwortung für die Sorge um die Schöpfung zu spüren und sich gemeinsam mit anderen Menschen für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen.

Tagesablauf

von von P. Beat Altenbach SJ

Einen typischen Tagesablauf gibt es für Jesuiten nicht. Was den Jesuiten auszeichnet, ist die Verfügbarkeit für seine spezifische Sendung. Wann ein Jesuit aufsteht, wann und wie er be-tet, und wann und mit wem er täglich einen Gottesdienst feiert, hängt ganz von den Bedürf-nissen und Bedingungen seiner Arbeit ab. Ein Novize hat einen anderen Lebensrhythmus als ein Uniseelsorger, ein Dozent an einer Hochschule oder ein Mitarbeiter des Jesuit Refugee Service (JRS) in einem Flüchtlingslager. Da, wo Jesuiten zusammen leben und arbeiten, bilden sie eine Kommunität, die sich auf eine gewisse Struktur des Zusammenlebens einigt. Aber auch hier gilt: Die Bedürfnisse der Sendung bestimmen weitgehend die Möglichkeit und Häufigkeit gemeinsamer Aktivitäten.

Die ersten Jesuiten hatten sich im 16. Jahrhundert dem Papst zur Verfügung gestellt, um da-hin gesandt zu werden, wo sie am dringendsten gebraucht wurden. Dieses Ideal der Verfüg-barkeit und örtlichen Ungebundenheit brachte mit sich, dass die konkrete Form des gemein-samen Zusammenlebens gegenüber den Bedürfnissen der individuellen Aufgaben zweitran-gig wurde und bis heute geblieben ist. Die Jesuiten pflegen weder das gemeinsame Stunden-gebet noch tragen sie ein einheitliches Ordensgewand. Das verlangt vom einzelnen Jesuiten eine hohe Eigenverantwortung in Bezug auf die Gestaltung seines Alltags und seines persön-lichen Gebetslebens.

Was alle Jesuiten im Alltag verbindet, ist die Praxis des Tagesrückblicks, des „Gebets der lie-benden Aufmerksamkeit“. Es ist die „wichtigste Viertelstunde des Tages“, die unter keinen Umständen weggelassen werden soll. Dabei geht es darum, auf die Ereignisse des vergange-nen Tages zurückzuschauen und darin die Spuren der Gegenwart Gottes zu suchen und zu finden. Das Einüben in die Dankbarkeit und in die differenzierte Wahrnehmung persönlicher Erfahrungen wird dabei zur Grundlage für die „Unterscheidung der Geister“ und das Treffen guter Entscheidungen.

Ordenskleid

Die Jesuiten tragen kein Ordenskleid.

Weiterführende Links zu den Jesuiten

https://www.jesuiten.org/

https://jesuitwerden.org/