Stift Schlierbach

P. Jakobus Maria Michael Neumeier OCist

Ich stamme aus einem christlichen Elternhaus, meine Eltern sind beide sehr gläubig, ich bin mit christlichen Werten aufgewachsen. Meine Mutter war Lehrerin, mein Vater ist ständiger Diakon. Das war ein gutes Fundament für mich. Den persönlichen Glauben, die Beziehung zu Gott muss aber jeder selbst für sich entdecken. Meine Berufung zum Ordenspriester ist nicht einfach so vom Himmel gefallen, es war vielmehr ein Weg, auf den mich Gott Stück für Stück geführt hat und der noch nicht zu Ende ist. Die letzte Berufung ist ja eine eschatologische – ewige Gemeinschaft mit Gott im Himmel.

In Wieselburg in Niederösterreich aufgewachsen, hab ich die Höhere Technische Bundes Lehr- und Versuchsanstalt in St. Pölten im Zweig Maschineningenieurwesen mit Automatisierungstechnik besucht und später absolviert. Ich konnte mir noch nicht wirklich vorstellen, wie mein Leben einmal ausschauen würde. Ich habe mir zu dieser Zeit aber viele existentielle Fragen gestellt, nach dem Sinn des Lebens: Woher komme ich und wohin gehe ich? Durch diese Sinnsuche habe ich mich auch intensiv mit dem Glauben der katholischen Kirche auseinandergesetzt.

Wichtige Ereignisse und Begegnungen auf meinem Berufungsweg waren unter anderem die Teilnahme an einer Franziskaner-Jugendwallfahrt nach Santiago de Compostela, das Jugendforum in Altötting, ein Loretto-Gebetskreis in meiner Heimat und der Weltljugendtag in Madrid. Dort habe ich erlebt, dass es viele junge Menschen gibt, die ihren Glauben leben und lieben. Ich habe begonnen, mich immer mehr mit dem Glauben auseinanderzusetzen, habe viel gelesen, und allmählich ist der Gedanke gereift, dass vielleicht das Ordensleben etwas für mich sein könnte. Ich konnte mir aber auch gut ein Leben mit Familie vorstellen. Für einige Zeit war ich etwas hin- und hergerissen. Weil man Familie nicht ausprobieren kann, das Leben im Kloster aber schon, habe ich dann unterschiedliche Ordensgemeinschaften besucht und als Kloster-auf-Zeit-Gast auch einige Tage mitgelebt.

Der heilige Bernhard von Clairvaux ist mir in dieser Zeit immer wieder durch verschiedene Bücher und Gespräche untergekommen. Seine Person und sein Leben haben mich fasziniert. 2013 nach meiner Matura bin ich dann in das Zisterzienserkloster Stift Schlierbach in Oberösterreich eingetreten. Für uns gilt auch die Regel des heiligen Benedikt: Bete, arbeite und lies. Nach dem Noviziat begann ich, da ich mich zum Priester berufen fühlte, das Studium der Theologie. 2017 folgte die Feierliche Profess. 2019 die Diakonweihe und am 26. September 2020 die Priesterweihe.

Ich höre manchmal: „Du hättest doch alles machen können, warum bist du Priester geworden?“ Oder: „Du bist gar nicht so, wie man sich einen Mönch, einen Priester vorstellt.“ Keine Angst, wir sind im Kloster nicht bei Brot und Wasser eingesperrt. Die Vorurteile kommen wohl davon, was man in Film und Fernsehen so sieht. Ich bin mit dem Eintritt ins Kloster auch nicht aus dieser Welt ausgetreten, sondern bin vielmehr weiterhin mit der Welt unterwegs: Im Gebet für all jene, die nicht mehr beten können oder nicht mehr beten wollen. Und in der Seelsorge sowieso: Als Priester begleitet man die Menschen von der Geburt bis zum Tod, durch alle Lebenslagen, in guten und schlechten Zeiten. Das kann ich in keinem anderen Beruf. Das macht den Priester einzigartig.

Als Mönch, als Priester gibt man zwar auch manches auf, man bekommt aber auch viel zurück. Egal für welchen Weg im Leben man sich entscheidet, man muss immer auch Kompromisse eingehen und etwas anderes zurückstellen. Wenn ich Familie habe, muss ich auch auf manche Freiheiten verzichten. Was bedeutet echte Freiheit? Besteht sie wirklich darin, alles tun und lassen zu können, was man gerade möchte? Da bin ich nicht wirklich frei. Der Priester braucht die Ungebundenheit, um frei zu sein, d.h. Zeit zu finden für Gott und für die Menschen, die ihm in der Seelsorge anvertraut sind. Ich bin froh, dass mich der Herr in seine Nachfolge gerufen hat. Berufung ist ein Abenteuer, ein Abenteuer mit Gott. Es zahlt sich aus, sich darauf einzulassen.